Unverpackt einkaufen 2024/2025: Mehrweg, kurze Lieferketten und echte Zero-Waste-Praxis
Unverpackt einkaufen 2024/2025: Mehrweg, kurze Lieferketten und echte Zero-Waste-Praxis
Unverpackt-Läden zeigen seit 2014, wie verpackungsarmer Einkauf im Alltag funktioniert. Der erste einwegverpackungsfreie Laden „Unverpackt – lose, nachhaltig, gut“ startete in Kiel mit drei Zielen: Verpackungsmüll drastisch reduzieren, kurze Lieferwege fördern und Konsumgewohnheiten verändern. Heute existieren bundesweit über 100 vergleichbare Geschäfte; ein Netzwerk samt Berufsverband treibt den Austausch voran und selbst Supermarktketten testen Unverpackt-Bereiche.
Warum Unverpackt? Die Verpackungskrise in Zahlen
- Pro Kopf fallen in Deutschland jährlich rund 220,5 kg Verpackungsmüll an.
- Nur 15,6 Prozent der Plastikabfälle werden so aufbereitet, dass daraus neue Kunststoffe entstehen.
- Lediglich 2,8 Prozent der in Deutschland hergestellten Kunststoffe bestehen aus Rezyklat.
- Etwa 85 Prozent der Plastikabfälle werden verbrannt oder exportiert – mit zusätzlichen Umweltbelastungen.
Die wirksamste Maßnahme lautet: Abfälle vermeiden, bevor sie entstehen.
So funktioniert Unverpackt – Mehrweg statt Einweg
Waren werden lose oder im Pfandsystem angeboten. Kundinnen und Kunden bringen Behälter mit, wiegen diese, füllen die gewünschte Menge ab und vermeiden so Einweg. Komplexere Produkte wie Milch, Sahne, Joghurt oder Wein kommen im Pfandglas bzw. in der Pfandflasche.
Das Sortiment reicht von Grundnahrungsmitteln (Getreide, Hülsenfrüchte, Pasta, Backzutaten, Gewürze) über frisches Obst und Gemüse bis hin zu Reinigungsmitteln, Hygieneartikeln und Zero-Waste-Zubehör. Der Großteil ist regional, biologisch oder fair gehandelt.
Kurze Lieferketten – weniger Müll entlang des Weges
- Obst und Gemüse kommen in Mehrwegkisten.
- Empfindliche Produkte werden in Pfandgläsern/-flaschen geliefert – kurze Wege maximieren den ökologischen Vorteil.
- Trockenwaren werden aktuell oft in 1–25-kg-Einweggebinden angeliefert; die Restmenge entspricht etwa einem Privathaushalt.
- Durch Fokus auf unverarbeitete, regionale Lebensmittel entfallen Zwischenstationen (Veredelung/Portionierung) und Umverpackungen.
Wenn mehr Lieferanten auf Mehrweg und Pfand umstellen, lassen sich auch „lose“ Produkte in wiederverwendbaren Behältern liefern.
Lebensmittelabfälle vermeiden – was wirkt
- Sortiment mit lagerstabilen Grundnahrungsmitteln.
- Regional-saisonal einkaufen: Kurze Wege halten Frische länger.
- Schlankes Sortiment ermöglicht schnelle Reaktion auf Qualitätsänderungen.
- „MHD-nahe“ und optisch einwandfreie B-Ware werden vergünstigt verkauft, verschenkt oder in Ladenküchen verwertet.
- Kundinnen und Kunden füllen exakt bedarfsgerechte Mengen ab.
Einkaufstipps für deinen Unverpackt-Alltag
- Eigene Behälter und Beutel organisiert bereitlegen; Leergewicht notieren.
- Mit einer groben Wochenplanung exakt benötigte Mengen einkaufen.
- Pfandgläser/-flaschen konsequent nutzen und zurückgeben.
- Regional-saisonal priorisieren, um Frische und Haltbarkeit zu erhöhen.
- MHD-Hinweise und Chargeninfos in der Filiale erfragen – Transparenz ist Teil des Konzepts.
Best Practices für Händlerinnen und Händler
- Mehrweg- und Pfandsysteme standardisieren und stärker einsetzen.
- Verbleibende Einwegverpackungen auf gut recycelbare Monomaterialien umstellen.
- Prozesse mit integrierten Lager- und Kassensystemen (automatischer Datentransfer) effizienter machen.
- Lieferkette B2B auf Mehrweg umstellen (auch für Trockenwaren), um Restmüll weiter zu senken.
Hürden und Skalierung: Was realistisch ist
Unverpackt funktioniert besonders gut auf 100–200 m², weil manuelle Prozesse (Eingang, Lager, Nachfüllen, Wiegen, Kasse) effizient abbildbar sind. Der Lebensmitteleinzelhandel testet eigene Bereiche – wichtig ist, Greenwashing zu vermeiden und echte Einwegreduktion umzusetzen.
Politische Hebel 2025: Rahmen für „Unverpackt 2.0“
- Marktbeschränkungen für problematische Verpackungen (z. B. nicht recycelbare Materialien).
- Verbindliche Ziele für Verbrauchsminderung und Wiederverwendung.
- Wirtschaftliche Anreize: Steuern/Abgaben und wirksame erweiterte Herstellerverantwortung, die Mehrweg und ökologisch vorteilhafte Lösungen begünstigt.
- Förderung abfallarmer Lebensstile durch Information und Bildung.
- Standardisierung von Pfandsystemen, flächendeckender Einsatz, klare Hygiene-Richtlinien.
Ausblick: Unverpackt 2.0 – effizienter, größer, alltäglicher
Die Vision: standardisierte Pfand- und Mehrwegsysteme, digitale Wiege- und Kassaprozesse, transparente Produktinfos, mehr B2B-Mehrweg in der Lieferkette. So wird Unverpackt leichter skalierbar, alltagstauglicher und erreicht mehr Menschen – mit messbar weniger Verpackungsmüll und kürzeren, resilienten Lieferketten.
Fazit: Unverpackt-Läden beweisen, dass echte Abfallvermeidung und regionale, kurze Lieferketten praktikabel sind. Wer Mehrweg nutzt, bedarfsgerecht kauft und regional-saisonal wählt, spart Verpackungen und Lebensmittelabfälle – und stärkt eine zukunftsfähige, faire Ernährungswirtschaft.
Quellenangaben: Zero Waste Europe, Instagram · schuemannhof.de, Original Unverpackt, Stiftung Warentest, Verbraucherzentrale Hamburg, Öko-Test, Umweltbundesamt, Facebook
